Die Forschungsschwerpunkte der Phytomedizin werden zurzeit durch die Arbeitsgruppen Dr. Hanna Rose (Pflanzenvirologie) und apl. Prof. Dr. R. Meyhöfer (Entomologie) abgedeckt. In der Entomologie stehen Biologie und Ökologie von Schädlingen und Nützlingen in gartenbaulichen Kulturen im Freiland und Unterglas im Vordergrund. Dabei werden Orientierung in Zeit und Raum, so wie inter- und intraspezifische Interaktionen zwischen verschiedenen Wirtsorganismen untersucht, um gezielte Anwendung für den biologischen und integrierten Pflanzenschutz zu entwickeln.
In der Pflanzenvirologie liegt der Fokus auf der Beschreibung und Charakterisierung neuer Viren aus verschiedenen Organismen wie Pflanzen und pflanzenassoziierten Pilzen. Unter Zuhilfenahme verschiedenster diagnostischer Verfahren werden Viren detektiert, isoliert und sequenziert. Diese Informationen bieten dann die Grundlage für weiterführende Experimente, die uns helfen sollen, die Biologie der Erreger und ihre Übertragungswege besser verstehen sowie Bekämpfungsmöglichkeiten entwickeln zu können.
Verhaltensökologie
Insekten nutzen verschiedene Sinneseindrücke um sich zur Wirtspflanze oder ihren Beute- bzw. Wirtsorganismen zu orientieren. Der Orientierungsprozess kann dabei in verschiedene Phasen unterteilt werden: (1) Wirtsfindung, (2) Wirtserkennung und (3) Wirtsakzeptanz. Während bei der Wirtsfindung vor allem olfaktorische und visuelle Signale einen hohen Stellenwert haben, spielen bei der Wirtserkennung und Wirtsakzeptanz zunehmend mechanische und gustatorische Signale eine Rolle. Die Bedeutung der Sinneseindrücke verändert sich mit dem Orientierungsprozess und ist entscheidend für die komplexen Verhaltensantworten von Insekten. In der AG angewandte Entomologie liegt der Forschungsschwerpunkt in aktuellen Projekten bei der visuellen Orientierung von Schädlingen und Nützlingen, sowie dem Einfluss von olfaktorischen Signalen. Vor allem neue Beleuchtungsverfahren auf Basis von schmalbandigen LEDs kommen zum Einsatz, um die visuellen Präferenzen zu charakterisieren. Bei der Analyse der Verhaltensreaktionen im Biotest werden verschiedene Geräte, wie z.B. Videoüberwachung, Olfaktometer, Electrical Penetration Graph (EPG), Windkanal, Tracking (Ethovision®), oder auch die direkte Beobachtung (Observer®) eingesetzt. Ein besseres Verständnis der Verhaltensgrundlagen eröffnet zahlreiche Möglichkeiten um innovative Strategien für den biologischen Pflanzenschutz zu entwickeln.
Biologischer Pflanzenschutz
Prävention, Prognose und Intervention sind im biologischen wie auch im integrierten Pflanzenschutz zentrale Elemente bei der Entwicklung von nachhaltigen Bekämpfungsstrategien. Zur direkten Bekämpfung kann der Anwender in vielen Bereichen auf ein breites Angebot an natürlichen Gegenspielern (Prädatoren, Parasitoide, entomopathogene Pilze) oder Bio-Pestizide zurückgreifen. Im Gegensatz dazu besteht ein hoher Forschungsbedarf bei der gezielten Prognose von Schädlingen bzw. Nützlingen sowie der Entwicklung von präventiven, d.h. vorbeugenden Maßnahmen. In der AG angewandte Entomologie werden diese aktuelle Fragestellungen an gartenbaulichen Kulturen sowohl im Freiland als auch im Gewächshaus bearbeitet. Neben der automatisierten Überwachung von Schädlingen und Nützlingen mit Hilfe von innovativen Monitoringverfahren wird auch die lokale Bedeutung von Quellhabitaten zur Prognose des Schädlings- bzw. Nützlingspotentials einbezogen. Für die Prävention spielt die Wirtspflanzenresistenz eine zunehmende Rolle und wird an verschiedenen Modellkulturen untersucht. Aber auch gezielte Maßnahmen zur Förderung der funktionellen Biodiversität in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kultur, d.h. maßgeschneiderte Blühstreifen zur Förderung der Nützlingsaktivität oder innovative Mulchverfahren um Bodenorganismen zu fördern, werden einbezogen. Mit Hilfe von automatisierten intelligenten Entscheidungshilfesysteme wird die Vielfalt an Informationen anwenderfreundlich aufgearbeitet. Die Untersuchungsmethoden, die zum Einsatz kommen, basieren auf klassischen ökologischen Feldmethoden, aber auch auf innovativen Verfahren von Videoüberwachung bis hin zur Modellierung und Molekularbiologie.
Molekulare Pflanzenvirologie
„Die Rolle des unendlich Kleinen in der Natur ist unendlich groß“ (Louis Pasteur)
Viren zählen zu den submikroskopischen Krankheitserregern, die uns überall umgeben. Als Beispiel dafür zählt unsere Nahrung, wie Gemüse oder Obst. Pflanzenviren können einerseits latent (d.h. symptomlos) auftreten, und andererseits durch die Ausprägung starker Symptome massive Schäden an Kulturpflanzen hervorrufen und zum Totalausfall von Ernten führen. Aus diesem Grund erforschen wir in der AG Pflanzenvirologie die Wirtspflanzenspektren und Symptomentwicklungen verschiedenster Erreger in diversen Pflanzenarten. Bis heute sind an Pflanzen ca. 1000 Viren beschrieben, die unterschiedlichste Partikelgestalten und Genomstrukturen aufweisen. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit besteht darin, neue Viren zu diagnostizieren (z.B. RT-PCR, ELISA), vollständig zu sequenzieren und taxonomisch einzuordnen. Jede neue Spezies oder jedes neue Isolat kann durch Unterschiede in der Genomsequenz zu anderen Individuen Hinweise auf biologische Funktionen der betreffenden Gene geben. Denn, die Strategien zur Replikation und damit Expression der dafür benötigten Gene sind vielfältig und daher von besonderem Interesse für die Forschung. Um Gen-/Proteinfunktionen zu untersuchen, konstruieren wir beispielsweise infektiöse Volllängenklone von Viren. Mit Hilfe dieser Klone, können gezielt Modifikationen an der viralen Genomsequenz vorgenommen werden, wie zum Beispiel die gezielte Mutation potentiell funktioneller Motive oder Fusion mit Genen für Reporterproteine, um die Lokalisation der Viren innerhalb der Pflanzenzelle zu beobachten.
Kontakt
30419 Hannover